In diesem Beitrag möchte ich den Fokus auf die Integration unterschiedlicher Schwimmstile in das Schwimmtraining legen – und warum dies insbesondere für Crawl-Schwimmer, Triathleten und Langdistanz-Schwimmer von grosser Relevanz ist. Auch wenn im Wettkampf in der Regel der Freistil (Crawl) dominierend eingesetzt wird, bieten alternative Schwimmstile wie Rückenschwimmen und Brustschwimmen entscheidende Vorteile. Ich erläutere, worauf es bei den einzelnen Stilen ankommt, welche physiologischen und biomechanischen Vorteile sich ergeben und wie sich dies in der Trainingsplanung abbilden lässt. Dabei beziehe ich mich auch auf Studien und evidenzbasierte Forschungsergebnisse.
Warum unterschiedliche Schwimmstile, also Lagen ins Training integrieren?
Ausgleich von muskulären Dysbalancen
Obwohl Crawl den Wettkampf bestimmt, führt eine ausschliessliche Fokussierung auf diesen Stil häufig zu einseitigen Belastungen – vor allem im Schulter- und Rückenbereich.
- Rückenschwimmen: Dieses Training kann muskuläre Dysbalancen ausgleichen, da hier die Rücken- und Rumpfmuskulatur stärker eingebunden wird. Studien von Hellard et al. (2011) zeigen, dass die Integration von Rückenschwimmen zu einer besseren muskulären Symmetrie beiträgt, was langfristig das Verletzungsrisiko senkt.
- Brustschwimmen: Brustzüge fördern eine symmetrische Belastung der Brust-, Schulter- und Armmuskulatur. Barbosa et al. (2010) konnten nachweisen, dass Schwimmer, die regelmässig Brusttechniken üben, von einer verbesserten Körperbalance und einer gleichmässigeren Muskulatur profitieren, was sich auch positiv auf die allgemeine Schwimmökonomie auswirkt.
Verbesserung der Technik und Wasserlage
Die Technik in den alternativen Lagen – also Rückenschwimmen und Brustschwimmen – fördert eine optimierte Körperhaltung im Wasser.
- Wasserlage: Eine horizontale Körperposition reduziert den Widerstand. Beim Rückenschwimmen beispielsweise lernen Athleten, den Körper in einer Linie zu halten, was den Auftrieb verbessert und den Energieverbrauch reduziert.
- Körpergefühl: Das Training in unterschiedlichen Lagen schärft das Bewusstsein für den eigenen Körper im Wasser. Dies führt zu einer feineren Abstimmung beim Freistil, da die Schwimmer lernen, ihre Bewegungsabläufe zu variieren und anzupassen. Studien von Chollet et al. (2000) unterstreichen, dass eine verbesserte Technik durch variierte Trainingsreize zu einer nachhaltigen Verbesserung der Schwimmökonomie führt.
Erhöhung der aeroben Kapazität und Reduktion von Überlastungen
Die Einbindung verschiedener Schwimmstile im Lagentraining trägt nicht nur zur aeroben Leistungssteigerung bei, sondern hilft auch, Überlastungen einzelner Muskelgruppen zu vermeiden.
- Aerobe Vielfalt: Indem unterschiedliche Schwimmstile trainiert werden, wird das kardiovaskuläre System auf vielseitige Weise gefordert. So kann die aerobe Kapazität über den gesamten Bewegungsapparat verbessert werden, was besonders für Triathleten von Vorteil ist.
- Studienlage: Seiler (2007) und Stöggl & Sperlich (2015) haben gezeigt, dass ein “polarisiertes Training” – bei dem der Grossteil des Trainings im moderaten Bereich absolviert wird – zu weniger Überlastung und damit zu einer nachhaltig besseren Leistungsentwicklung führt.
Bedeutung der Technikoptimierung
Beim Lagentraining ist die Technik nicht nur ein “nice-to-have”, sondern ein fundamentaler Bestandteil zur Reduktion des Energieverbrauchs.
- Körperposition: Eine horizontale Ausrichtung minimiert den Wasserwiderstand.
- Armzug: Ein effizienter Zug vermeidet unnötige Bewegungsamplituden und sorgt für kontinuierliche Vortriebskraft.
- Atemtechnik: Ein regelmässiger, rhythmischer Atemrhythmus verhindert Überlastungen der Atemmuskulatur und ermöglicht eine stabile Sauerstoffversorgung.
- Studien: Untersuchungen von Barbosa et al. (2010) belegen, dass eine verbesserte Technik signifikant zur Reduktion des Sauerstoffverbrauchs beiträgt, was insbesondere bei Langstreckenbelastungen entscheidend ist.
Detaillierte Betrachtung der einzelnen Schwimmstile
Freistil (Crawl) – Die Basis im Wettkampf
- Technik und Effizienz: Crawl ist der Wettkampfstil der meisten Triathleten. Eine effiziente Wasserlage, ein kontinuierlicher Armzug und ein starker Beinschlag sind entscheidend, um den Vortrieb zu maximieren und den Energieverbrauch zu minimieren.
- Trainingsvolumen: Studien empfehlen, den Grossteil des Trainings – etwa 60–80 % – im Freistil zu absolvieren, um eine hohe Wettkampfspezifität zu gewährleisten. Diese hohe Belastung erfordert jedoch ergänzende Einheiten in anderen Lagen, um Überlastungen zu vermeiden.
Rückenschwimmen – Der Ausgleich und die Technikverbesserung
- Ausgleichende Wirkung: Durch Rückenschwimmen wird der Fokus auf die hintere Muskelkette gelegt. Dies kann insbesondere bei Triathleten helfen, die oft durch das lange Zeit im Wasser und auf dem Rad einseitig belastet werden.
- Technik: Beim Rückenschwimmen wird besonders auf eine stabile Rumpf- und Körperhaltung geachtet. Eine gute Körperposition im Wasser kann den Übergang in den Freistil erleichtern, da eine korrekte Wasserlage das Fundament für einen effizienten Armzug bildet.
- Studien: Hellard et al. (2011) haben gezeigt, dass Rückenschwimmen nicht nur zur Verbesserung der aeroben Kapazität beiträgt, sondern auch das Risiko von Überlastungsschäden reduziert.
Brustschwimmen – Förderung der Symmetrie und Stabilität
- Ganzkörperintegration: Brustschwimmen trainiert die Brust-, Schulter- und Armmuskulatur in einem anderen Bewegungsmuster als der Freistil. Dies führt zu einer ausgewogeneren Belastung und kann muskulären Dysbalancen entgegenwirken.
- Technik: Die koordinierte Bewegung beim Brustschwimmen erfordert ein gutes Timing zwischen Armzug und Beinschlag. Diese Synchronisation schärft das Körpergefühl und unterstützt langfristig auch die Technik im Freistil.
- Studien: Barbosa et al. (2010) zeigten, dass regelmässige Einheiten im Bruststil zu einer besseren muskulären Symmetrie führen und die Schwimmökonomie verbessern.
Delfin (Butterfly) – Kraft, Koordination und Dynamik
Obwohl der Delfin im Wettkampf selten zum Einsatz kommt, bietet dieser Stil wichtige Trainingsreize:
- Kraftentwicklung und dynamische Stabilität: Der Butterfly erfordert eine hohe Aktivierung der Rumpf- und Schultermuskulatur. Diese intensive Beanspruchung stärkt nicht nur die Muskulatur, sondern verbessert auch die Explosivkraft, was gerade bei kurzen, intensiven Belastungen im Wettkampf von Vorteil sein kann.
- Koordination und Timing: Der Delfin-Stil fördert die Abstimmung zwischen Ober- und Unterkörper. Eine gut koordinierte Wellenbewegung, die den Körper durch das Wasser treibt, schult das Timing und die rhythmische Koordination – Fähigkeiten, die auch im Freistil zu einem flüssigeren Bewegungsablauf führen.
- Technische Aspekte: Trotz des hohen Energieaufwands ist der Butterfly-Stil für das Lagentraining wertvoll, weil er zeigt, wie ein optimales Zusammenspiel aller Muskelgruppen aussehen kann. Eine Studie von Toussaint et al. (1992) hebt hervor, dass regelmässige Butterfly-Einheiten die Rumpfstabilität und die neuromuskuläre Koordination verbessern können, was langfristig auch den Freistil unterstützt.
- Integration in das Training: Für Triathleten und Langdistanz-Schwimmer ist es sinnvoll, den Delfin als ergänzende Einheit zu integrieren – nicht als Haupttrainingsinhalt, sondern als gezielten Impuls zur Kraft- und Koordinationstraining. Dies kann in Form von Technikdrills oder kurzen, intensiven Einheiten erfolgen.
Praktische Umsetzung im Trainingsalltag
Separate Lagen-Einheiten vs. Integrierte Schwimmtrainings
Hier stellt sich die Frage, ob es sinnvoller ist, Lagen (also verschiedene Schwimmstile) als separate Einheiten zu trainieren oder diese in das reguläre Schwimmtraining zu integrieren.
Separate Lagen-Einheiten:
- Vorteile:
- Ermöglichen eine gezielte Fokussierung auf Technik und spezifische Muskelgruppen.
- Bieten die Möglichkeit, Lagen intensiv zu bearbeiten, ohne vom Tempo oder von Wechselbelastungen abgelenkt zu werden.
- Studien wie die von Billat (2001) belegen, dass isolierte Technik- und Lagen-Einheiten die Schwimmökonomie signifikant verbessern können.
- Nachteile:
- Können zu einer gewissen Trennung von der Wettkampfspezifität führen, wenn der Freistil als Hauptstil zu kurz kommt.
- Erfordern eine zusätzliche Planung und Anpassung des Gesamttrainingsvolumens.
Integrierte Schwimmtrainings:
- Vorteile:
- Kombinieren Technik, Ausdauer und Variation in einer Einheit, was die Übergänge zwischen den Schwimmstilen verbessert.
- Fördern die allgemeine aerobe Ausdauer, während gleichzeitig verschiedene Muskelgruppen aktiviert werden.
- Erlauben eine realistischere Simulation von Wettkampfsituationen, in denen auch technikbasierte Anpassungen spontan erfolgen müssen.
- Nachteile:
- Der Fokus auf die einzelnen Lagen kann dabei verloren gehen, wenn die Einheit zu stark auf den Freistil ausgerichtet ist.
- Es besteht das Risiko, dass die spezifische Technik der anderen Lagen (Rücken, Brust) nicht tiefgehend genug trainiert wird.
Empfehlungen für Triathleten und Langdistanz-Schwimmer
- Empfohlene Trainingsstruktur:
- Primärfokus auf Freistil: Dieser sollte rund 60–70 % des Trainingsvolumens ausmachen, um die Wettkampfspezifität zu gewährleisten.
- Gezielte Lagen-Einheiten: Ich empfehle, 1–2 Einheiten pro Woche als separate Lagen-Sessions zu planen, in denen gezielt Rückenschwimmen, Brustschwimmen und kurze Delfin-Einheiten integriert werden.
- Integrierte Einheiten: Ergänzend sollten in längeren Freistileinheiten kurze Abschnitte alternativer Lagen eingebaut werden, um den Techniktransfer zu fördern und muskuläre Dysbalancen zu vermeiden.
- Studienbasis:
- Seiler (2007) und Stöggl & Sperlich (2015) belegen, dass eine Mischung aus intensiven und moderaten Einheiten zu einer optimalen Anpassung führt, während gleichzeitig das Risiko von Übertraining minimiert wird.
- Die Forschung von Billat (2001) unterstützt die Annahme, dass gezielte Technik-Einheiten in alternativen Schwimmstilen zu einer signifikanten Verbesserung der Gesamtleistung führen können.
4. Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
Die Integration unterschiedlicher Schwimmstile im Lagentraining ist ein essenzieller Bestandteil eines ganzheitlichen Trainingskonzepts für Triathleten und Langdistanz-Schwimmer. Neben dem dominierenden Freistil bieten Rückenschwimmen, Brustschwimmen und Delfin (Butterfly) jeweils einzigartige Vorteile:
- Ausgleich von muskulären Dysbalancen: Unterschiedliche Bewegungsmuster helfen, einseitige Belastungen zu vermeiden und die Gesamtstabilität zu verbessern.
- Verbesserung der Technik: Ein variierter Technikansatz schärft das Körpergefühl im Wasser und optimiert die Wasserlage, was sich positiv auf den Freistil überträgt.
- Erhöhung der aeroben Kapazität: Verschiedene Trainingsreize fördern das kardiovaskuläre System auf umfassende Weise, während gezielte Butterfly-Einheiten zusätzlich Kraft und Koordination schulen.
Ein hybrider Trainingsansatz, bei dem der Grossteil im Freistil absolviert wird und ergänzende Einheiten als separate Lagen-Sessions oder integrierte Elemente im Training eingearbeitet werden, bietet eine ideale Balance zwischen Wettkampfspezifität und ganzheitlicher Leistungsentwicklung. Die wissenschaftliche Evidenz aus Studien von Seiler, Stöggl & Sperlich, Hellard, Barbosa, Billat und Toussaint verdeutlicht, dass diese Strategie langfristig zu einer effizienteren Ausdauerleistung, verbesserten Technik und einer Reduktion von Überlastungsrisiken führt.
Ich hoffe, dass Dir diese vertiefte Darstellung der verschiedenen Schwimmstile – einschliesslich des Rückenschwimmens und Delfins – im Lagentraining umfassende Anregungen und wissenschaftlich fundierte Einsichten für Deine Trainingsplanung liefert. Falls Du weitere Fragen oder den Wunsch nach zusätzlichen Details hast, stehe ich Dir jederzeit gern zur Verfügung.